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Matthias Maurer

Matthias Maurer startet in den ersten Monat Weltraumforschung

Kaum drei Wochen nach seinem Start ins All hat Matthias Maurer bereits zweimal einen Roboterarm bedient, ein Andockmodul in Empfang genommen, in einem brandneuen Bett geschlafen und seine Pläne aufgrund von Warnungen vor Weltraummüll ändern müssen. Auch bei den wissenschaftlichen Experimenten gab es keine Routine, da er einige zum allerersten Mal im Orbit durchgeführt hat.

Der derzeitige ESA-Astronaut an Bord der Internationalen Raumstation ISS ist am 12. November mit einem Crew-Dragon-Raumschiff angekommen, um seine sechsmonatige Cosmic Kiss-Mission anzutreten.

Die ISS. Credits: NASA/ESA– T. Pesquet

Maurer ist der 600. Mensch, der in den Weltraum geflogen ist, und hat sich inzwischen gut an seine „Weltraumbeine“ gewöhnt. Er hat den 17 m langen Roboterarm der Station, den Canadarm2, bereits zweimal bedient: Einmal, um das Cygnus-Raumschiff abzudocken, und einmal, um bei einem Weltraumausstieg von innen zu unterstützen. Die Steuerung des Arms erfordert einiges an mentaler Gymnastik, um die Bewegungen in der Schwerelosigkeit nachvollziehen zu können.

Das Leben im Weltraum erfordert auch einen gesunden Schlaf. Matthias Maurer hat sein Bett von seinem ESA-Astronautenkollegen Thomas Pesquet vorbereiten lassen, der dafür gesorgt hat, dass die Belüftung und der Geräuschpegel im europäischen Columbus-Labor angenehm sind. Dieser neue Schlafplatz und Ort der Entspannung für Matthias heißt CASA, kurz für Crew Alternate Sleep Accommodation, und er hat sich dort bereits häuslich eingerichtet.

Schlafquartier für die Besatzung in Columbus. Credits: ESA– M. Maurer

Ein weiteres ruhiges Plätzchen im Weltraumquartier ist das Prichal-Modul. Das neueste russische Knotenmodul erweitert die Station um bis zu sechs Andockstellen und da es keine aktiven Komponenten hat, ist es im Inneren angenehm ruhig.

Ein neuer Weltraumwissenschaftler

Maurer unterstützt ein breites Spektrum europäischer und internationaler wissenschaftlicher Experimente und technologischer Forschung auf der Raumstation.

Wie auf der Erde stellt auch im Weltraum die mikrobielle Kontamination ein Problem dar. Bei dem Experiment Touching Surfaces wird eine Reihe von fünf Platten aus verschiedenen Materialien im inneren der Raumstation ausgesetzt. Maurer und seine Crew-Mitglieder an Bord der Station sind dazu angehalten, diese Platten häufig zu berühren, bevor sie zur Analyse zurück auf die Erde gebracht werden. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden dann untersuchen, ob und wie lange Mikroorganismen an diesen Platten haften. Die Ergebnisse könnten zur Entwicklung neuartiger antimikrobieller Oberflächen für den Gesundheitssektor und die Lebensmittelindustrie beitragen.

Touching surfaces Experiment. Credits: ESA–M. Maurer

Auch er selbst war Gegenstand mehrerer wissenschaftlicher Studien. Während ein an seiner Stirn befestigter Wärmesensor seine Kerntemperatur und seinen zirkadianen, also sein Schlaf-Wach-, Rhythmus für das Thermo-Mini-Experiment überwachte, wurden im Rahmen der Retinal Diagnostics-Studie Bilder seiner Augen aufgenommen, um etwaige Sehstörungen zu erkennen, die bei Astronautinnen und Astronauten häufig auftreten.

Während einer statischen Fahrradtour trug Maurer eine Atemmaske und zwei mit Sensoren bestückte Geräte auf seiner Brust. Die drahtlosen Geräte überwachten seine Herzfrequenz sowie den Sauerstoff- und Kohlendioxidgehalt für das Metabolic Space Experiment, eine Technologiedemonstration zur Verbesserung der kardiopulmonalen Diagnostik und zur Bewertung der Leistung im Weltraum ohne Mobilitätseinschränkung.

Matthias Maurer und Metabolic Space. Credits: ESA/NASA

Alte Bekannte

Ein vertrautes Experiment auf der Raumstation, das den Muskeltonus und die Muskelsteifigkeit während des Raumflugs überwacht, Myotones, wurde mit einer neuen Studie kombiniert, um die Trainingsergebnisse zu verbessern. Das EasyMotion-Experiment verwendet einen tragbaren EMS-Anzug (Electro Muscle Stimulation), der die Muskulatur aktiviert und das Potenzial hat, das Fitnessprogramm von Maurer im Weltraum zu optimieren. Alle gesammelten Ergebnisse dieser Forschung vor, während und nach dem Flug zielen darauf ab, die physiologische Belastung für Astronautinnen und Astronauten zu analysieren und könnten zu neuen Rehabilitationsmaßnahmen auf der Erde führen.

Die NASA-Crewmitglieder Raja Chari und Kayla Barron absolvierten ebenfalls ihre ersten Versuchsreihen mit Grip and Grasp. Bei diesen neurowissenschaftlichen Experimenten wird untersucht, wie unser Gehirn die Schwerelosigkeit beim Greifen oder Manipulieren eines Objekts berücksichtigt. Die Studien helfen dabei, die Funktionsweise des vestibulären Systems zu ermitteln, das uns ermöglicht, das Gleichgewicht zu halten.

NASA-Astronaut Raja Chari und Grip. Credits: ESA–M. Maurer

Eine der Nebenwirkungen eines langen Aufenthalts im Weltraum ist der Verlust von Knochendichte und Muskelmasse, weshalb das flugmedizinische Team Matthias Maurers körperliche Veränderungen im Auge behalten will.

Noch bevor er sein Thanksgiving-Dinner im Weltraum genoss, begann er, seine Mahlzeiten zu protokollieren, um seine Energieaufnahme zu verfolgen.

Thanksgiving Dinner auf der Raumstation

Thanksgiving Dinner auf der Raumstation. Credits: ESA–M. Maurer

Im Rahmen des NutrISS-Experiments wurde seine Ernährung untersucht, wobei er auf eine ungewöhnliche Weltraumwaage gestiegen ist, um sein Gewicht in der Schwerelosigkeit zu messen.

Matthias Maurer auf der Weltraumwaage. Credits: ESA/NASA

„Die Messung der Masse in der Schwerelosigkeit erfordert andere Techniken als auf der Erde – eine normale Waage würde hier nicht funktionieren. Dieses russische Gerät nutzt die Änderung der Resonanzfrequenz, um meine Masse zu berechnen“, erklärte er.

Eine weitere bekannte Gefahr im Weltraum ist die Strahlung. Maurer hat 21 Dosis 3D-Radiometer auf der Station verteilt, um einen Überblick darüber zu erhalten, wo die Strahlung am stärksten ist. Er platzierte 10 Päckchen im Columbus-Labor und verteilte weitere an anderen Orten, um eine dreidimensionale Karte der Strahlungsumgebung zu erstellen.

Matthias Maurer, Thermo Mini und Dosis 3D Experiment. Credits: ESA/NASA

Zum Thema Weltraumstrahlung wird auch das Lumina-Experiment durchgeführt, bei dem kilometerlange Glasfaserkabel durch die Station verlegt werden, um zu prüfen, ob sie eine geeignete Technologie zur Überwachung ionisierender Strahlung in Echtzeit sind. Diese Technologie wäre besonders in Umgebungen mit begrenzten bewohnbaren Modulen und begrenzter Energieversorgung nützlich, wie z. B. bei einem Raumflug zum Mars.