Als 1976 die amerikanischen Viking-Sonden auf dem Mars landeten, sollte auch die Frage geklärt werden, ob es Wasser auf dem Roten Planeten gibt. Es wurde keines gefunden. Erst 2008 entdeckte die Phoenix-Sonde Wassereis unter der Oberfläche. Heute weiß man: Hätten die Viking-Sonden nur wenige Zentimeter tiefer gegraben, wären sie wahrscheinlich auf Wasser gestoßen.
Diese Geschichte zeigt: Roboter sind in der Raumfahrt unerlässlich. Aber sie haben ihre Grenzen. Man stelle sich vor, damals hätte ein Astronaut nach Wasser gegraben und bemerkt, wie sich die Farbe des Bodens ändert. Natürlich hätte er noch eine Schippe mehr ausgehoben. Menschen verfügen über Intuition und Neugier. Sie können in Echtzeit auf Unvorhergesehenes reagieren. Maschinen tun sich damit schwer.
Robotik und bemannte Raumfahrt: Das ist keine Frage von entweder oder. Wir brauchen beides. Im Mai 2014 fliege ich als Astronaut der Europäischen Weltraumorganisation ESA auf die Internationale Raumstation ISS. Viele der wissenschaftlichen Experimente, die wir dort durchführen, wären ohne Astronauten unmöglich. So erforschen wir zum Beispiel im europäischen Columbus Labor Krankheiten wie die Osteoporose. In der Schwerelosigkeit kommt es zu einem Knochenabbau, der dem entspricht, von dem Erkrankte auf der Erde betroffen sind. Deswegen können wir im Weltall Gegenmaßnahmen erproben.
Ein anderes Beispiel sind Schlaganfälle: Wir erforschen, wie sich unser Gehirn umstellt, wenn ein Sinn ausfällt. Nämlich der Gleichgewichtssinn, der in der Schwerelosigkeit nutzlos ist. Die Veränderungen ähneln stark denen bei einem Schlaganfall-Patienten, wenn dessen Gehirn ausgefallene Regionen ersetzen muss.
Als Europäer kostet uns die Raumfahrt ungefähr 10 Euro pro Jahr, soviel wie ein Kinoticket. Davon entfällt 1 Euro auf die bemannte Raumfahrt und die ISS. Als Nebenprodukt erhalten wir Satellitennavigation, Telekommunikation, Wettervorhersagen, Klimaschutz, internationale Zusammenarbeit, und die Inspiration einer neuen Generation von genialen Wissenschaftlern und Ingenieuren. Für jeden Euro, den wir in die Raumfahrt investieren, bekommen wir im Durchschnitt 5 Euro zurück.
Doch es wäre zu kurz gedacht, den Wert der bemannten Raumfahrt allein nach ihrem kurzfristigen, praktischen Ertrag zu bemessen. Der Hauptgrund, warum wir ins Weltall fliegen ist, dass wir eine neugierige Spezies von Entdeckern sind. Zum ersten Mal in unserer Millionen Jahre alten Geschichte sind wir als Menschen in der Lage, unseren Planeten zu verlassen. Für diesen ersten Schritt wird unser Zeitalter im Gedächtnis der Geschichte verbleiben. So lange es Menschen gibt, so lange wird es von nun an auch die Raumfahrt geben. Wir wollen und müssen unsere Umgebung erforschen, um zu überleben. Und das geht letztendlich, trotz der Hilfe von Robotern, nur aus menschlicher Perspektive. Kostbarer als der Staub und die Steine, die Astronauten vor 40 Jahren vom Mond mitgebracht haben, sind ihre Eindrücke.
Mit unseren Augen einen anderen Himmelskörper zu sehen und auf unseren eigenen zerbrechlichen Planeten zurückzublicken, ist unbezahlbar. Erst das füllt die Raumfahrt mit Sinn. Hätte ein Roboter den Mount Everest erklommen, würde uns das kalt lassen, denn der kann uns nicht sagen, wie es sich anfühlt, dort oben zu sein.
Discussion: 2 comments
I’m a brazilian aeroespace engineering student, and what motivates me trough this (everything but easy) area isn’t the money neither the status of being as engineer in the future. What motivates me is the feeling of discovery when studying orbital mechanics or spacecraft propulsion, for me there is nothing better than feel that I’m contributing for science, for something greater than me. I’m motivated by this endless curiosity that all of us, humans, have.
I couldn’t agree more to what Marcelo says. Science for money isn’t getting us anywhere. It’s curiosity that brings us further as humans.