Das erste mal, als ich dieses Gefühl hatte, war ich 21 Jahre alt und saß in einem Flugzeug nach Honduras, in meiner Hand ein 12 Monate gültiges Round-The-World Ticket mit noch völlig offener Streckenführung. Zuvor hatte ich meinen Rucksack bei der Gepäckaufgabe abgegeben und hatte mich von meinen Freunden und meiner Familie verabschiedet. Für viele Monate würde ich alles was ich jemals gesehen oder gekannt hatte hinter mir lassen, Neuland betreten. Zugegeben, ein wenig nervös war ich zuvor, denn in meinem Bekanntenkreis gab es niemanden, der mir mit Erfahrungen zu so einer Reise hätte weiterhelfen können. Doch als mein Flieger abhob, bestätigte mir ein unbeschreibbares Gefühl der Freiheit, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte.
Noch hatte ich nicht realisiert, dass es dieses Gefühl des Aufbruchs ins Unbekannte war, das mich in den nächsten Jahren mit einem One-Way-Ticket für 18 Monate nach Neuseeland führen würde, vier mal in die Antarktis, und auf die entlegensten Vulkane dieses Planeten. Wem also zuhause zu oft die Decke auf den Kopf fällt, dem kann ich nur ein One-Way-Ticket ins Unbekannte empfehlen – mit einer klaren Warnung, dass diese abhängig machen.
Wichtiger Teil der Freiheit ist natürlich, zu wissen, dass man am Ende einer Reise wieder nach Hause zurückkehren kann. Ich bin überzeugt davon, dass man seine Heimat einmal verlassen muss, um sie wirklich kennen zu lernen, und um zu realisieren wie schön sie eigentlich ist. Dies gilt für Weltraumreisende genauso wie für Rucksackreisende auf Schusters Rappen.
Heute morgen habe ich in meiner Wohnung in Köln zum letzten Mal in meiner 4-jährigen Trainingszeit meinen Koffer gepackt, er war gerade einmal halb voll. Ich habe mich von meiner Familie und meinen Freunden für die nächsten 7 Monate verabschiedet, was natürlich nicht ganz einfach war. Nun sitze ich in einem Flugzeug nach Moskau, meinem zweitletzten Zwischenstopp auf dem Weg in den Weltraum, in meiner Hand ein One-Way-Ticket ins Unbekannte, und das Gefühl der Freiheit ist wieder unbeschreibbar.
Discussion: 5 comments
Hallo Herr Gerst,
Die Freiheit des Menschen ist was tolles, besonders im Reisen! Das Sie diese Freiheit jedoch haben ist etwas Außergewöhnliches! Nicht jeder ist in der Lage so eine Reise ins Baue zu unternehmen.
In Europa bin ich schon an einigen Orten gewesen. Auch wenn die Öffnung der Grenzen hier etwas wunderbares sind ist doch das Gefühl weg Neuland zu betreten. Das ist kein Trip ins unbekannte mehr! Ich lebe in Aachen nur wenige Kilometer weg von der belgischen und niederländischen Grenze das ist keine wirklich andere Welt mehr!
Derzeit plane ich zusammen mit einer Gruppe von SpaceTweeps ihren Start beizuwohnen und ich kann Ihnen sagen wenn man kein Astronaut ist ist das eine menge Planerei: Visumsbeschaffung, Zugangsberechtigungen besorgen etc. Von einem Trip ins Blaue kann man hier leider nichtmehr sprechen, dennoch fühle ich diese Freiheit diese Aufregung neue, fremde Orte zu sehen und andere Kulturen als die westlich europäische zu erleben.
Wo treibt es einen hin? Sicherlich dort hin wo seine Interessen liegen. Sie haben Ihre durch den Trip gefunden und sind Geophysiker geworden, später Astronaut.
In meinem Falle ist dies wohl die Raumfahrt. Die berühmten Orte der (bemannten) Raumfahrt zu besuchen ist/war schon lange mein Traum. Ich hoffe, dass meine Reise nach Baikonur nur der Anfang sein wird!
Wenn Sie Ihre Reise machen: berichten Sie von Ihrer Freiheit und Erlebnissen, damit andere in Ihre Fußstapfen treten können. Aber das tun sich ja schon durch diesen Blog und auf Twitter auf wunderbare Art und Weise. Auch ich werde versuchen meinen doch etwas kleineren Trip nach Baikonur mit anderen zu teilen. Ich denke wir haben hier die gleichen Ziele. Wenn auch in anderem Maßstab.
Viel Erfolg und verlaufen (verschweben?) Sie sich nicht. Kommen Sie zurück, berichten Sie uns! :) Wir werden auf Ihre Rückkehr warten. Doch nun steht ersteinmal der Wohl bisher größte Trip an. Für Sie und für mich.
No Risk No Fun!
Gruß
Ian Benecken
PS: Tolles Pfadfinderbild. Ich musste grinsen! :)
Hallo Herr Gerst,
Also erstmal finde ich es echt toll von Ihnen und Ihren Kollegen das sie so vieles mit der Community teilen. Sagen wir es mal so ich bin noch nicht besonders alt bin, eigentlich bin ich noch ein Kind und ich ziele auch irgendwann mal eine Karriere bei einer Raumfahrtorganisation an. Ich habe außerdem das Glück das ich schon als kleines Kind oft im Urlaub war und oft auch mit dem Flugzeug. Also habe ich mit meinen jungen Jahren schon viel von unserer Welt gesehen unter anderem war ich schon im zweimal Kennedy Space Center und im ESOC da das ganz in der Nähe meines Wohnorts ist.Ich hab auch schon einen Astronauten getroffen. Und Ihren Weg über soziale Netzwerke verfolgen zu können finde ich echt toll,da man dadurch die Möglichkeit auch mal was von den Personen selbst hört und den Leuten auch Fragen stellen kann. Was mich mal interessieren würde ist wie die Astronautenausbildung abläuft z.B. was macht man so am ersten Tag ? Generell interessiere ich mich sehr für bemannte Raumfahrt und leider kann ich an den meisten Veranstaltungen der Raumfahrtorganisationen nicht teilnehmen da sie meistens in Köln stattfinden. Was mich aber freut ist das man auf deutsch mit Ihnen schreiben kann nicht wie bei ab anderen Astronauten nur auf Englisch was kein Problem ist aber Deutsch ist trotz angenehmer. Aber ich finde es toll das man über die sozialen Netzwerke an Ihrer Ausbildung und insgesamt am Abenteuer Raumfahrt teilhaben kann. Und ich fände es toll wenn ich Sie mal treffen könnte.
Ich denke wenn man bei Zero G durch die Raumstation schwebt spürt man die Freiheit die jeder besitzt wenn man sich nur mal aus dem normalen Trott herauskämpft und durch die ISS zu schweben ist ja auch ein einmaliges Erlebnis das nicht vielen zuteil wird.
Viel Spaß noch. ;-)
Grüße Constanze Kramer
Hallo Herr Gerst
In 4 Wochen geht Ihr nächster Trip „rund um die Welt“ in einer Höhe, die Sie mit einem Flugzeug nie erreichen konnten. Das ist ja ein gewaltiger Schritt. Der nächste Höhepunkt oder Schritt wäre doch ein Reise zum Mond. Nun als alter Mann, aber weiterhin Weltraum-begeisterter, hatte ich in meiner Jugend immer einen ähnlichen Traum. Die Erde von ganz oben zu sehen und fremde Planeten zu besuchen. Diesen Traum habe ich mir in der Philatelie und durch die Bekanntschaften vieler >Weltraumflieger< etwas erfüllt, im Facebook unter Album "Space und Kosmos" ersichtlich. Es waren immer tolle Erlebnisse und bleibende Erinnerungen mit diesen Leuten für mich. Auch wir sind uns schon einmal in Morgenröthe begegnet. Vielleicht laufen wir uns noch einmal irgendwo über der Weg? Ich wünsche Ihnen bei diesen jetzigen Trip ein gutes "lift up" und mit vielen guten Erinnerungen wieder ein "Happy landing". Wünsche Ihnen noch viel Spass in den nächsten Wochen und alles Gute und viel Glück für die Zukunft. Sollten Sie da "Oben" einmal die Schweiz in Blickfeld haben so stellen sie bitte alle "Scheinwerfer" an und geben sie ein Blinkzeichen :-)) Herzliche Grüsse Dieter Falk
Guten Tag Herr Gerst,
von Ihrem ehemaligen Klassenlehrer am Technischen Gymnsaium in Öhringen Herrn
Günter Schweikle, darf ich Ihnen einen guten und sicheren Flug zur ISS und eine gesunde Wiederkehr wünschen!
Ich drücke Ihnen ebenso die Daumen. Ich arbeite prekär am Schülerlabor des DLR in Lampolshausen und komme auch aus Bretzfeld.
Wir werden Ihren Start in Baikonur live im Raumfahrtzentrum des DLR im Harthäuser Wald in Lampoldshausen verfolgen und wir sind stolz auf Sie, dass Sie als erster Hohenloher ins Weltall fliegen. Als noch einmal Hals-Und Beinbruch!
Manfred E. Scholl
Hallo Alexander Gerst,
man sieht wirklich auf all Ihren Bildern, wieviel Vorfreude Sie im Herzen tragen. Um soweit zu sein, diese ganz besondere Reise mit Ihrer Crew zu machen war sicher auch harte Arbeit. Also verdient !! Zu sehen, daß wir Menschen (egal von welchem Kontinent) wenn wir denn wollen, ein friedliches Miteinander leben können, macht Mut für unsere Zukunft.
Voller Stolz auf „unseren Mann im All“ und Spannung erwarten wir in ihrer Heimat den 28.Mai. Wir freuen uns, daß wir die Möglichkeit haben einige Ihrer Eindrücke mit Ihnen zu teilen.
Eine spannende Reise
Guten Flug… aus der Heimat !!!